Middle Reef

Kaum hatten wir den Kopf unter Wasser gesteckt, sahen wir auch schon das Dilemma: Die Südspitze vom Middle Reef war eine von Papageienfischen abgenagte Kalk-Skelettwüste ohne allzu viele maritime Lebewesen. Mehrere Meter hohe zerklüftete Korallenformationen zogen sich labyrinthartig um die Südspitze und von dort auf einem Höhenrücken weiter nach Süden. Immer wieder stießen wir auf Netze, die die Abwesenheit der Fische erklärten. Hier wurde eindeutig das Riff abgefischt.
 

Das Middle Reef hatten wir in den zwei Wochen an zwei Tauchtagen besucht. Es war eines der weiter entfernten Riffe und man konnte im Strömungsschatten an der Südspitze gut ankern. Für die weniger seefesten Taucher (wie mich) war dies auch die Rettung, denn man konnte sich etwas entspannen und auch in Ruhe anrödeln.

Von der Struktur und dem Bewuchs ähnelte das Riff dem Panorama Riff. Es ist auch ein Außenriff und liegt in der starken Strömung, die ganzjährig meistens aus dem Norden kommt. Dank dieser starken Nährstoffzufuhr sind die zahlreichen Korallenarten im Norden und entlang der Ost- und Westseite am üppigsten.
An unserem Nachmittagstauchgang entfaltete die Westseite des Middle Reef bei perfektem Sonnenstand dann aber doch seine volle Pracht. Wir wurden ganz im Norden des Riffs zu einem Driftdive abgesetzt und schwebten bei mittlerer Strömung die gesamte Westseite in 15-20 Metern Tiefe ab. Zum Fotografieren war es gerade noch OK. Mit etwas Mühe konnten wir dagegen halten und so das ein oder andere vernünftige Bild machen.

An einem anderen Tag war die Strömung viel stärker und wir "flogen" in kürzester Zeit am Riff entlang. Nur mit Mühe konnten wir nach 20 Minuten zur Südspitze und dort in den Strömungsschatten abzweigen. Ein schöner Driftdive, aber eben nicht optimal zum Fotografieren. Nur einen Fledermausfisch unter einer Tischkoralle konnten wir mit hohem Luftverbrauch ablichten.

Ganz an der Nordspitze ist das Riff vollständig und wunderschön mit Weich- und Hartkorallen bewachsen. Überall wimmelt es von kleineren und mittleren Fischen und im Blauen patrouillieren die Straßenkehrer und ein allgegenwärtiger Napoleon. Dass der Lebensraum zwischen den Korallen heiß umkämpft war, konnten wir jedoch auch sehen, denn viele der größeren Fische hatten Bisswunden oder es fehlten Teile der Schwanzflosse.

Idealerweise betaucht man das Riff am frühen Vormittag vom Norden entlang der Ostseite und am Nachmittag dann entlang der Westseite. Beides sind Drifttauchgänge mit mal mehr oder weniger Strömung. Bei starker Strömung bläst es einen nur am Riff entlang und Fotografieren ist praktisch nicht möglich.
Dank des Ramadan waren unsere Tauchguides aber eher etwas träge und so 'durften' wir je Tag immer einmal die Südspitze absuchen.

Text: Norbert Roller / Oktober 2006
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